Ich warte darauf, dass etwas kippt, dass sich etwas verändert.
In mein Notizbuch schreibe ich: Welche Farben haben deine Gespenster?
Ich stelle mir vor, du antwortest:
Du: Sie regnen, meine Gespenster.
Ich: Das ist schön, aber das ist keine Farbe.
Du: An welche Farbe denkst du bei Regen?
Ich: An das Gegenteil von Farbe.
Du: Wie meinst du das, Lisa?
Aber du kannst mir in meinem Notizbuch nicht antworten. Keine Fragen stellen.
Also bleibe ich dir Antworten schuldig.
Später schreibe ich in ein Dokument in meiner Cloud, Titel: draußen 1 Gespenst:
“Als Lisa versuchte nach draußen zu sehen, um den Spukgeräuschen eine Ursache zuordnen zu können, sah sie nicht, weil der Regen gegen die Fenster stürzte.”
In meinem Notizbuch vermerke ich, angefangen “Die Welt der Farben” zu lesen, daran gedacht, dir zu schreiben, Stichwort Chromophobie.
Ich: “Viele Schriftsteller der Klassik hielten nichts von Farbe, sie lenke nur von den wahren Werten der Kunst ab: Linie und Form. Farbe wurde als Ausschweifung und später als Sünde betrachtet: ein Zeichen von Verstellung und Unaufrichtigkeit” (Kassia St. Clair, Die Welt der Farben, S. 36)
Du: Das fügt sich perfekt, Lisa. Aber so hatte ich das gar nicht gemeint.
Ich: Ja, ich weiß. (& entschuldige meine verspätete Antwort!)
Du: Kein Problem.
Ich: draußen ist 1 Gespenst, aber es muss eine Farbe haben. Ich scheitere daran, ihm eine richtige Farbe zu geben.
Du: Ist es nur 1 Gespenst?
Du fehlst in meinen Notizen. Deswegen weiß ich nicht, wie du das mit dem “nur” gemeint hast.
Später schreibe ich in die Cloud:
“Lisa wandte sich dem Bildschirm zu und öffnete Twitter, um die aktuelle Farbe zu erfahren: @everycolorbot. 0x7e4159. Sie öffnete einen weiteren Tab und gab “Wetter, Graz” ein. Stark bewölkt. Niederschlag 3 %. Luftfeuchtigkeit 81 %.”
In meinem Notizbuch: “Der Regen, der gegen die Fenster stürzt” (Ilse Aichinger, Die schlechten Wörter, S. 14)
Ich: Vielleicht ist draußen mehr als 1 Gespenst.
Du: nur 1 Gespenst.