1 lila Wollschal

Wind ist auch immer ein Abgrund, Schneeflocken machen ihm Angst. Heute fällt nichts vom Himmel, das ist gut, das ist gut, aber etwas zog ihn trotzdem nach unten: er hatte meinen lila Schal verloren. Ich hatte ihn von meiner Mutter geschenkt bekommen und er war mir lieb, er war mir teuer, wie man so schön sagt, wenn der Tag sich in die Länge zieht wie Kaugummi und die Träume dich wieder einmal mit Haut und Haaren verschlingen wollen. Träume sind Schäume sind Bäume! Er würde ihnen allen ausweichen müssen, für den Schal, für mich, denkt er, während er das Haus verlässt. In welche Richtung soll ich mich drehen, fragt mich der Wind. Ich flüstere, lass ihn für den Moment gewähren. Es ist also windstill, als er vor die Türe tritt. Deswegen kann er einen Fuß vor den anderen setzen, immer schön den Bäumen ausweichend und sich rückwärts durch die Zeit bewegend, was, so denkt er jetzt, mir meinen lila Schal zurückbringen wird.

Bild: Kathrin Pflegerl
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