STÜCKWEISE

ich esse zitronenkuchen und sage, dass ich glücklich bin. ich weiß, dass es so ist, auch wenn ich es nur benenne, nicht empfinde. gerade eben: GLÜCK. solange ich es schreiben kann, das muss genügen. glück, in einer fremden stadt ohne einen einzigen eigenen gedanken oder glück, in einer fremden stadt und alle eigenen gedanken sind mit roter ölkreide übermalt, so, dass sie nur leicht durchschimmern, wenn ich mich im kopf in die falsche richtung drehe, aber sie bleiben im verborgenen, sind nicht mehr zu lesen. glück, ich kann also so tun, als ob sie nicht da wären.

seine stimme ist die rote ölkreide, mit der ich alles in mir anmale, bis keine weißen flecken, bis keine modernden sätze mehr zu sehen, zu fühlen sind. nur grelles rot, nur seine stimme, die mir manchmal weh tut. „würdest du mir sagen, wenn es dir nicht gut geht?“, hat er gefragt. ja, würde ich das? „nein“, aber dann ist es auch nicht zu übersehen, nicht zu übermalen, wenn es mir nicht gut geht, es ist eben nicht, nicht aufstehen in der früh und nicht essen den ganzen tag, nicht atmen und nicht schlucken und zu flüstern, „ich weiß nicht, ich bin so müde, ich weiß, du willst, dass ich dich ansehe, und ich will es ja, aber mit geschlossenen augen ist es einfacher“, und mich dafür zu entschuldigen, während er mir essen kocht, wenn er von der arbeit heimkommt, während er mich festhält, bis ich einschlafe.

ich in seinem bett, in seiner wohnung und er plant mich als seine zukunft, er will mich, mit mir einschlafen und ich will wieder aufwachen können, wo ich tatsächlich zuhause bin, aber was heißt „zuhause“, vermutlich nicht auf gängen mit bewegungslicht stehen und vermutlich selbst gewählte zahnpasta, vermutlich nicht jedes zweite wochenende vier stunden zu ihm fahren, bahnhöfe erreichen, aber nie wirklich ankommen. ich kann zwei romane lesen in den vier stunden oder aus dem fenster schauen und innerlich schreien.

ich esse zitronenkuchen, stück für stück, und wiederhole mir, dass ich glücklich bin. ich schreibe GLÜCK mit roter ölkreide auf rote ölkreide oder glück auf die serviette, die neben mir liegt. er dreht sich zu mir und sagt, svatba wäre ein wichtiges wort, ich solle es mir merken. ich lache und nicke und versuche, den sinn zu erhaschen, aber ich würde ALLES miteinander verwechseln, reden mit rot oder den himmel mit einer schürfwunde. ich kann nie das ganze stück kuchen essen, ich bin immer zu schnell zu voll, also schiebe ich es zu ihm rüber, obwohl ich besser mich zu ihm, obwohl ich sagen sollte, ich kann unser glück nicht fassen, obwohl ich doch so gern möchte, aber ich kann nicht in der wirklichkeit, in den momenten, in uns bleiben.